Esther Grau

inspired by dreams

Fächersprache – Geheimcode der Jugend oder Werbegag?

August16

In der Sommerhitze ist er wieder ein nützliches Accessoire geworden: der Fächer. Ohne saß ich heuer häufig in heißem Neid hinter jenen Frauen, die sich Luft machen konnten und beschloss: Das muss sich ändern.

Früher waren Fächer gleich in mehrfacher Hinsicht praktisch. Sie blicken auf eine lange Geschichte zurück, denn schon im alten Ägypten wurde Herrschenden mit großen Palmwedeln Luft zugefächert. Als handliche Faltfächer zogen sie in Europa seit dem 16. Jahrhundert in die große Gesellschaft ein. Im Rokoko des 18. Jahrhunderts avancierten Handfächer zum Mittel der Koketterie.

In Zeiten, in denen junge Leute nur selten unter sich sein oder sich allein verabreden konnten, avancierten Fächer zu einem wichtigen Teil der Flirtkultur. Er verstärkte die Körpersprache und den Austausch geheimer Botschaften, die sich zumindest unter den Jungen zu einer Fächersprache ausgestalteten. So erlebte der Fächer im 19. Jahrhundert – und damit zur Zeit der Droste – seine Blüte als Accessoire und Kommunikationsmittel.

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Im Jahr 1827 soll der Pariser Fächerhersteller Duvelleroy seine Ware zusammen mit einem kleinem Codebuch herausgegeben haben, quasi einem Wörterbuch der Liebessprache durch den Fächer gesprochen. Gelungenes Marketing würde man das heute nennen. In unserer Zeit ist der Fächer selbst zum Werbegeschenk geworden und entfaltet eine neue Sprache. Er kommuniziert durch aufgedruckte Logos und Slogans. Aber letzten Endes: Ob Braut- oder Produktwerbung, ein Hingucker ist er geblieben.

Für alle, die für die nächste heiße Sommernacht oder die Ballsaison danach vorbereitet sein wollen, hier ein paar der im 19. Jahrhundert gängigen Fächervokabeln:

  • Fächer ruht auf der rechten Wange: ja
  • Fächer ruht auf der linken Wange: nein
  • Fächer auf die Lippen legen: Küss mich
  • Fächer ans Herz führen: Für immer die Ihre
  • geschlossenen Fächer abwärts richten: Ich verachte Sie

Alle Angaben ohne Gewähr.
Wie weit verbreitet und verwendet die Fächersprache früher wirklich war, darüber gehen die Meinungen auseinander und es bleibt ein altes Geheimnis.

Eine belegte Variante der Fächersprache kann dagegen z. B. im Schillerhaus Leipzig bewundert werden. Dort ist ein Fächer ausgestellt, dessen Rückseite Namen und Notizen zeigt, sozusagen ein verstecktes Poesiealbum. Gerade im Biedermeier waren persönliche Alben sehr verbreitet, nur lasen die Eltern der jungen Damen natürlich mit. Wer sich also einen geheimen Reim auf seine Liebste machen wollte, schrieb ihr auf die Rückseite ihres Fächers.

In Bielefeld gibt es übrigens Deutschlands einziges Fächermuseum. Es zeigt eine Sammlung ausgewählter Exemplare quer durch die Jahrhunderte.

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