Esther Grau

inspired by dreams

Buchextrakt (11) Jonathan Barnes: Das Albtraumreich des Edward Moon

Mai10

Der gelangweilte Magier Edward Moon sehnt sich nach einem neuen Mord – um ihn aufzuklären. Prompt bekommt er es mit einem geheimnisvollen Fall zu tun, bei dem es augenscheinlich nicht mit rechten Dingen zugeht – soweit man das von einem Mordszenario überhaupt sagen kann.

Als ambitionierter Hobbydetektiv erinnert Moon gelegentlich an Sherlock Holmes, zumal der Roman ebenfalls im viktorianischen London spielt. Anders als Holmes verlässt er sich jedoch nicht nur auf seinen Verstand. Vielmehr ist er quasi Experte für magisch anmutende Vorgänge, deren Witterung er sogleich aufnimmt und dabei tief in das Albtraumreich eintaucht …

Atmosphärisch dicht lebt das Buch vor allem von seinen anschaulichen Beschreibungen mit pointierten Darstellungen selbst der Nebenfiguren. Skurril und schaurig-schön.

„Nebel war aufgekommen und verlieh den Straßen einen unheimlichen, geisterhaften Schein; die Menschen, an denen Honeyman vorbeikam, muteten ihn verschwommen und unwirklich an, nicht leibhaftig – wie Figuren aus einem Märchenbuch. Sie sprachen ihn an, bettelten um Brot oder Almosen, versprachen schlüpfrige Vergnügungen oder boten sich selbst feil. Doch Honeyman schritt an ihnen allen vorbei. Zu oft war er schon hier gewesen und mittlerweile abgestumpft und an den Anblick des Menschengeschlechts in seinem elendsten und verderbtesten Zustand gewöhnt. Heute war er auf der Suche nach neueren und ruchloseren Genüssen. Er wollte tiefer in die Verworfenheit sinken.“ (S. 10)

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