Esther Grau

inspired by dreams

John Irving und wie er die Welt sieht

März10

Zum 70. Geburtstag von John Irving läuft seit ein paar Tagen eine Doku über Leben und Schaffen des Schriftstellers im Kino.

Nach dem Film hatte ich erstmal Hunger. Denn Irving backt dem Filmteam vor laufender Kamera Pizza und zeigt sich auch in seinem sonstigen Lebensumfeld als äußerst bodenständig. Wenn er plaudernd an der Küchentheke lehnt, erinnert mich Irving eher an Columbo, der mal eben den Trenchcoat abgelegt hat, nicht aber sein schelmisches Lächeln.

Irving, der in der ersten Lebenshälfte auch professioneller Ringer war, sieht man immer noch den Sportler an. Er ist gut im Training und sportlich sieht er auch das Schreiben.  Es bleibt eine tägliche Herausforderung, zumal er seine dicken Bücher ausschließlich per Hand schreibt. Den Laptop benutzt er nur für seine E-Mails.

Der Autor wird an seinem Schreibort in Kanadaa interviewt; er liegt auf der Insel (!) seiner Frau und bietet einen herrlichen Ausblick. Die Doku begleitet Irving aber auch zu Schauplätzen seiner Romane, u. a. nach Wien und Amsterdam. Ebenso wie die Orte hat er dort auch Menschen zum Vorbild seiner Romanfiguren genommen. Sie erzählen von ihren Begegnungen mit dem Autor und der Überraschung, im späteren Roman nicht nur ihren Beruf und ihr Lebensumfeld wiederzufinden – wozu Irving sie befragte – , sondern nebenbei auch eigene Charakterzüge…  Jedenfalls wissen sie alle ganz genau, auf welcher Buchseite sie vorkommen und wie viele Sätze sie haben. Der Wiener Organist, der Irving früher mit Bachkompositionen und Orgelgeschichte beglückte, leuchtet heute geradezu vor Begeisterung, dass ein Nicht-Experte seine Parallelwelt der Orgelkunst so genau und gründlich beschreiben kann. Wenn das keine gelungene Recherche ist !

Für Irving-Anhänger, Literaturfans und Autoren, die gern mal hinter die Fassaden anderer Buchgeschichten gucken.

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