Esther Grau

inspired by dreams

Buchextrakt (20) Henry D. Thoreau: Walden oder Leben in den Wäldern

Oktober8

Thoreau erzählt in seiner Essaysammlung Walden von seinem Aussteigerleben am Ufer des Waldensees in Massachusetts. Als persönlicher Protest gegen das „rastlose, nervöse, geschäftige, triviale neunzehnte Jahrhundert“ lebte er von 1845 bis 1847 zurückgezogen in einer selbst gebauten Holzhütte von seiner eigenen Hände Arbeit. Geschrieben hat er die aus Tagebuchnotizen entstandenen Essays für Zeitgenossen, die nicht glauben konnten, dass ihn in der Wildnis weder Angst noch Einsamkeit quälten. Im Gegenteil spricht aus seinem kontemplativen Leben das pure Glück. Man möchte ihm nur manchmal zurufen: Wenn du erst 2010 erlebt hättest …! Aber vermutlich hätte er ähnliche Konsequenzen gezogen.

“Im ersten Sommer las ich nicht, ich hackte meine Bohnen. Aber nein, oft hatte ich auch Besseres zu tun. Es gab Zeiten, wo ich die Blüte des gegenwärtigen Augenblicks keiner körperlichen oder geistigen Tätigkeit zu opfern vermochte. Ich liebe es, meinem Leben einen weiten Spielraum zu lassen. Im Sommer saß ich nach dem täglichen Bad manchmal von Sonnenaufgang bis Mittag in Träumereien versponnen zwischen Tannen, Walnuß- und Sumachbäumen vor meiner Tür in der Sonne. Einsamkeit und Stille waren vollkommen. Vögel sangen in der Runde oder glitten lautlos durchs Haus. Erst wenn die Sonne durch das Westfenster hereinfiel oder ein Reisewagen auf der fernen Landstraße vorüberrollte, erinnerte ich mich daran, wie die Stunden verfolgen. Die Zeiten waren nutzbringender als jede Arbeit, ich wuchs dann wie das Korn bei Nacht” (S. 110-111).

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