Esther Grau

inspired by dreams

24 Tore ins Land der Literatur

Dezember1

Menschen aus aller Welt erzählen von der persönlichen Beziehung zu ihrem Lieblingsbuch. Das Goethe-Institut hat einige dieser Geschichten in einen virtuellen Adventskalender gesteckt.

Schön ist auch die Idee des Zentrums für Berlin-Studien, mit ihrem Online-Adventskalender Tore ins 19. Jahrhundert zu öffnen. Texte, die unter anderem von E. T. A. Hoffmann stammen, lassen das (winterliche) Berliner Stadtleben früherer Zeit wieder lebendig werden.

Loriot erzählt Richard Wagners Ring des Nibelungen

Oktober18

Als kleinen Nachtrag zu dem fantastischen Erlebnis der Nibelungensage habe ich mir die Doppel-CD mit  Loriots augenzwinkernder Nacherzählung von Wagners Ring des Nibelungen gegönnt. Untermalt werden seine Ausführungen von Hörbeispielen der Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Herbert von Karajan. Ein musikalisches Best of (nur leider ohne den Walkürenritt, der war Loriot wohl schon zu bekannt …), das die Oper sinnvoll kürzt.

Die Idee zu diesem Projekt entstand bereits in den 80er Jahren, als man die Handlung noch nicht mal eben bei Wikipedia nachschlagen konnte. Opernliebhaber Loriot wollte den Ring gerne einem breiteren Publikum zugänglich machen. Anfang der 90er tourte er deshalb mit seinem Programm „Der Ring an einem Abend“ durch die Theater. Die amüsante Kurzfassung macht das oft als schwer verdaulich empfundene 4-Gänge-Menü zu einem ebenso meisterlichen wie appetitanregenden Imbiss.

Kleines Beispiel:

“Das Rheingold, der erste Teil der Tetralogie, beginnt in jener vorgeschichtlichen Zeit, als es noch möglich war, im Rhein zu baden. Getragen von 136 Takten in Es-Dur versinken wir über den Grund des Flusses an den Ursprung der Welt.  [Musik: Vorspiel]

Mit dem plötzlichen Auftauchen der Rheintöchter, drei unbekleideten, passionierten Schwimmerinnen, ist das Ende der Unschuld vorprogrammiert. Das bekannte Gesangstrio singt ebenso gut unter wie über Wasser und hört auf die Künstlernamen Woglinde, Wellgunde, Floßhilde. Unverantwortlicherweise sind die Damen mit der Bewachung eines hochbrisanten Wertobjektes, des sogenannten Rheingoldes, betraut, ohne im Mindesten hierfür geeignet zu sein. Sie lassen sich vor Ort ansprechen von einem gewissen Alberich aus Nibelheim. Die Damen wittern willkommene Kurzweil und treiben mit dem zwergenwüchsigen Voyeur ein aufreizendes, übles Spiel, wobei sie seinen Stolz als Liebhaber empfindlich verletzen. Schließlich geben sie in Kicherlaune auch noch das Betriebsgeheimnis preis: Maßlose Macht über die Welt fällt demjenigen zu, der das Rheingold zu einem Ring zu schmieden vermag und dafür zeitlebens auf Liebe verzichtet. Kein Wunder, Alberich fühlt sich ohnehin um den erotischen Erfolg betrogen und greift stattdessen nach der Weltmacht. Er flucht auf die Liebe, raubt das Gold und verschwindet in Richtung Nibelheim. Das Unheil nimmt seinen Lauf …

Wenn die Rheintöchter  – sagen wir mal – etwas entgegenkommender gewesen wären, hätte man sich drei weitere, aufwendige Opern sparen können. Das sollte zu denken geben.”

Hörproben gibt es hier.

Für Opernanfänger wie mich, aber sicher auch für Wagnerliebhaber und Loriotfreunde ein großes Vergnügen. Mit dem Libretto in der Hand wird es der perfekte Hörgenuss.



Der Ring des Nibelungen

September28

Voller Musik bin ich noch immer, nachdem ich in den letzten Tagen Wagners Ring des Nibelungen gesehen habe, den das Freiburger Theater zu seinem 100-jährigen Jubiläum komplett aufführte. Rheingold, Walküre, Siegfried und Götterdämmerung innerhalb einer knappen Woche.  „So viel Bayreuth war selten an der Dreisam“, kündigte die Presse an – und Recht hatte sie.

Für mich war es das Operndebüt. Gereizt hat mich Wagners Musik, gepackt haben mich Stoff und Text aber schließlich genauso sehr.  Schon beim Auftritt der Rheintöchter mit ihren sprechenden Namen Wellgunde, Floßhilde und Woglinde war klar – das wird unterhaltsam und längst nicht so ernst und schwer, wie man von Oper denken mag („Mime, du Memme!“).

Zumal die Geschichte hochmodern ist:  Alles dreht sich um Kapital und Macht. Zwerg Alberich klaut das Rheingold (der „Hort des Nibelungen“) und schmiedet sich daraus einen Ring, der ihm die Weltherrschaft verspricht. Gott Wotan nimmt dem Angeberzwerg den Ring ab, muss ihn aufgrund vertraglicher Verpflichtungen aber seinerseits den Riesen überlassen. Da Alberich den Ring noch schnell verflucht  hat, gibt es im Weiteren  reichlich Unheil und Verwirrung. Ein Ring und viele Todesfälle sozusagen. Denn die Gegenspieler Wotan und Alberich, die nun beide Reichtum und Macht wiedererlangen wollen, geben dieses Ziel an ihre eigens dafür gezeugten Nachkommen weiter (Sigmund, seinerseits Vater von Siegfried, dem Drachentöter, und Hagen), die an diesem Familienerbe jeweils schwer zu tragen haben.

Am Freiburger Theater wurde bewusst ein „Ring ohne Magie“ inszeniert.  Obwohl das Stück vor Göttern, Zwergen, Riesen, Nymphen etc. wimmelt, wurden diese Wesen vor allem in ihren menschlichen Dimensionen dargestellt.  Diese psychologische Betrachtung passte gut, da sie tatsächlich zutiefst menschlichen Motiven folgen: Macht, Liebe, Neid, Rache etc. Besondere Bedeutung wurde darüber hinaus den Familienkonstellationen und Generationenkonflikten zugemessen.  So rückten alle wichtigen Figuren automatisch näher an die Zuschauer.

Manchmal hätte ich mir jedoch ein bisschen heroische Distanz gewünscht.  Zum Beispiel beim Auftritt der  Walküren, deren Aufgabe es ist, als amazonenhafte Geisterfrauen die Seelen gefallener Helden nach Walhall zu bringen. Brünnhilde und die Walküren sind aber eben auch Töchter des Gottes Wotan (Odin). Folglich traten sie in Freiburg nicht als gerüstete Frauen, sondern als Mädchen mit blonden Zöpfen auf.

Insgesamt also eine moderne Inszenierung. Das erkennt man vor allem daran, dass viel in Unterwäsche gesungen wurde.  Einen visuellen Eindruck gibt es hier. Da hätte ich mir manchmal ein bisschen mehr Heldenpathos  und Mystik  gewünscht, um der Imagination mehr Freiraum zu lassen.

Aufschlussreich sind bei einem solchen Event auch die Zuschauerreaktionen. So reichlich die Sänger und Musiker mit Applaus bedacht wurden, so unüberhörbar blieben die Buh-Rufe beim Auftritt der Dramaturgen. Entsprechend rege wurde die Inszenierung in den Pausen diskutiert, obwohl man sich bei solchen Mammutsitzungen natürlich auch um sein leibliches Wohl kümmert.  Dennoch bleibt man eingesponnen in den (sprachlichen) Kosmos dieser Welt, wie folgender Dialog zeigt, den ich vor der Getränketheke auffing:

„Norbert, was machst du?“ – „Ich stehe in der Schlange und harre!“

Ich harre jetzt auch, nämlich der Nibelungenmusik, die ich mir zum Nachhören bestellt habe, und ziehe damit mein Fazit nach 16 Stunden Oper: Ich will tatsächlich mehr.

… und herzlichen Dank mal wieder an Anke Gröner, die mit ihren wiederholten Opernberichten meine Neugier zusätzlich schürte.

Historische Graffiti

August14

Kleiner Klicktipp: Eine Reiseanekdote von mir gibt’s heute beim Irland-Wanderer.

Die Welt im Quadrat

August12

Na gut, es ergibt eher ein Rechteck, wenn ich die Koordinaten meiner bisherigen Reisen verorte, und zwar ein ziemlich europäisches.  So weit bin ich den vier Himmelsrichtungen bisher gefolgt:

Norden

Stadtgetümmel von Bergen, Norwegen

Osten

Im ehemals von der Lava des Vesuv’ verschütteten Amphitheater in Pompeji, Italien

Süden

Mitten im Markttreiben von Tanger, Marokko

Westen

Strand von Waterville,  Irland, wo sich schon Charlie Chaplin wohlfühlte und wohnte

Eine hübsche Idee von Mek Wito und ich erhöhe um den  höchsten Ort an Land: Zugspitze, höchster Berg Deutschlands

Zen – ohne das Warten

Juli30

Unter diesem paradoxen Motto steht eine besondere Kunst: Das Züchten von Bonsaipotatoes.

Unter Bonsai versteht man im Westen das Heranziehen von Miniaturbäumen. Dabei geht es bei der fernöstlichen Kunst um viel mehr als um ästhetische Gartenkunst: Die Harmonie zwischen Mensch und Natur ist entscheidend. Mit der Pflanze wird auch der eigene Geist kultiviert.

Kann eine Kartoffel den Weg zum inneren Frieden zeigen?

Warum nicht, meint Hendrik Bajek, der europäische Pionier auf dem Gebiet der Bonsaipotatoes. Das Prinzip gleicht dem „normalen“ Bonsai. Kartoffeln sind lediglich pflegeleichter und zeigen schneller Erfolge.

Ob sich der Trend durchsetzt, wird sich zeigen.

kitbox_new

Bildquelle: Bonsai Potatoe

Space Tourists

Juli22

„Ich bin der Mensch, in der Mitte der Welt.

Hinter mir Myriaden von Einzellern.

Vor mir Myriaden von Sternen.“

(Arsenij Tarkowskij)

Wer gibt 20 Millionen für einen Traum aus?

Der Dokumentarfilm Space Tourists erzählt vom Erwachen des Weltraumtourismus` und begleitet die ersten Menschen ins All, die keine ausgebildeten Astronauten sind. Zum Beispiel Anousheh Ansari, die erste Frau, die privat ins Weltall geflogen ist.

Wenn Anousheh Ansari für den typischen Weltraumtouristen der Zukunft steht, wird eines klar: Space Tourists sind keine Snobs, die  ins All reisen, weil sie sonst schon alles erlebt haben. Diese kleine Frau mit dem großen Lachen, der ansteckenden Begeisterung und dem Willen, von klein auf an ihrem Traum festzuhalten, beeindruckt tief. Sie zitiert Gandhi, bevor sie in die Rakete steigt und erzählt, dass sie auch mit einem One-Way-Ticket zur International Space Station (ISS) geflogen wäre. Das ist Leidenschaft.

Das alltägliche Leben an Bord der ISS, soweit man es überhaupt alltäglich nennen darf, zeigt sich ebenso umständlich wie lustig. In der Schwerelosigkeit spielen auch Erwachsene mit dem Essen und selbst das Staubsaugen wirkt wie ein großer Spaß: Man stelle sich Anousheh Ansari vor, die rittlings auf einem fliegenden Staubsauger sitzt und dabei sehr an Harry Potter auf seinem Besen erinnert.

Die Hauptrolle in diesem Film spielt jedoch eine andere. Die Aufnahmen von Mutter Erde überstrahlen mit ihrer Schönheit und Präsenz alles andere. Was für ein prächtiger Heimatplanet! Und wie seltsam, dass wir erst hoch hinaus müssen, um uns ihr näher zu fühlen.

Auf ihrem Spaceblog kann man detailliert nachlesen, wie Anousheh Ansari die 8 Tage im All erlebt hat.  Hier gibt es die deutsche Übersetzung (scrollen!).

Über ihren persönlichen Ausflug hinaus versteht sich Ansari als Wegbereiterin des Weltraumtourismus. Um die Entwicklung der privaten Raumfahrt zu fördern, unterstützte ihre Familie den Ansari X-Prize, den 2004 das SpaceShip One gewann. Als erstes privat finanziertes Raumschiff für drei Personen flog es ins All, und zwar zweimal innerhalb von zwei Wochen.

Aktuell ist übrigens der millionenschwere Google Lunar X-Prize ausgeschrieben für das erste private Team, das einen Roboter sicher auf dem Mond landet. Er soll mindestens 500 Meter über die Mondoberfläche flitzen, während er Daten, Bilder und Videos an die Erde sendet.

Space Tourists beleuchtet auch die „dunkle“ Seite der Raketenflüge: Beträchtliche Mengen von Raketenschrott landen wieder auf der Erde, zum Teil in besiedelten Gebieten und vor allem mit bedenklichen Chemikalien belastet.

Die betroffene Bevölkerung sieht dennoch überwiegend die positive Seite der „Geschenke des Himmels“: Sie handeln mit den hochwertigen Materialien oder klöppeln sich  selbst neues Ackergerät daraus zusammen.

Der Kreis schließt sich mit dem einfachen Hirten, der fern jeder Zivilisation seine Schafe hütet. Ein Bild, so alt wie Jahrtausende. Mit einem Unterschied: Das Dach seines Verschlages hat dieser Schäfer aus einer Rakete recycelt.

ROILA – Grundkurs Robotisch

Juli21

Was tun, wenn das Gegenüber Blech redet? Bei Robotern ist das nicht so unwahrscheinlich. Wer Missverständnissen vorbeugen möchte, lernt am besten ROILA. Die Kunstsprache wurde entwickelt, um die Kommunikation mit Robotern zu verbessern, daher auch der Name: Robot Interaction Language (ROILA).

Sprachwissenschaftlich ein spannendes Projekt, weil es mit minimalen Voraussetzungen eine komplexe Kommunikationsbasis erschaffen will. (Das Sprachsystem wird immer noch verfeinert.)

Der Wortschatz wurde in Anlehnung an ein vereinfachtes Englisch (Basic English) aus lediglich 850 Vokabeln mit Hilfe eines Computeralgorithmus’ geschaffen. Dieser folgt einem effizienten Prinzip: Je häufiger die Vokabelverwendung, desto kürzer das zugeteilte Wort. Für schnelleres Sprechen und Verstehen.

Die Grammatik ist ebenso ökonomisch, sie funktioniert ohne Ausnahmen regelhaft. Es gibt Nomen, Verben, Adjektive und Adverbien, aber weder Fälle noch Geschlechter (mit Ausnahme der Pronomen sie und er). Um grammatische Kategorien wie Plural oder Zeiten zu kennzeichnen, werden separate Wörter ergänzt, sodass alle anderen Wörter unverändert bleiben.

Beispiel:

I am walking to the house
Pito fosit bubas
(wörtlich: Ich gehen Haus)

I walked to the house
Pito fosit jifi bubas
(wörtlich: Ich gehen <Wortmarker für Vergangenheit> Haus)

Entsprechend erscheint „jifi“ in allen Sätzen, die in der Vergangenheit stehen.

Wer sich intensiver mit ROILA befassen möchte, findet hier nähere Informationen.

via beetlebum, der schon mal Vokabeln lernt

Traumtöne: Your secret

Juli14

Ein bezaubernder Kurzfilm von Jean-Sébastien Monzani via Elisabeth Rank.

 

Traumbibliotheken

Juli3

Hohe Säle, weite Regale, breite Buchrücken, in denen das Wissen von Jahrhunderten ruht. Im Traum versammeln sie alle menschenmögliche Kenntnis durch alle Zeiten.

Ein schöner Abglanz davon ist der Long Room der Alten Bibliothek (1732) im Trinity College Dublin.  Mit der Luft atmet man Geist und Inspiration. Ein wunderbarer Ort.

Den betagten Büchern zuliebe habe ich mich an das Fotoverbot gehalten, aber hier darf man ganz offiziell gucken:

Trinity_College_Library-long_room

Foto: Nic McPhee from Morris, MN, USA

Noch besser wirkt die Bibliothek hier.

Samuel Beckett, Bram Stoker und Oscar Wilde sind übrigens als Studenten durch diese Halle gewandelt.

Und wo wir gerade dabei sind: 

Die textzicke hat neulich auf den ultimativen Kick für Bücherfreunde verwiesen: bookshelfporn.

Das ist schon wirklich geil.

« Older EntriesNewer Entries »
  • Ich mach was mit Büchern