Esther Grau

inspired by dreams

Literatour Travemünde: Kafka am Strand und Buddenbrooks’ Sommerfrische

Juni13

Das Ostseeheilbad Travemünde hat von je her illustre Gäste angezogen. So wandelte Kafka nicht nur in Prag, sondern erholte sich auch an der Ostseeküste – und fiel gleich auf:

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„Fahrt nach Travemünde […] Anblick des Strandes. Nachmittag im Sand. Durch die nackten Füße als unanständig aufgefallen.“

Franz Kafka, Tagebucheintrag vom 27.07.1914

Wenn er geahnt hätte, dass es dort hundert Jahre später sogar separate FKK-Strände gibt …

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Nicht nur Strand, Wellen und Meer bleiben gleich durch die Zeiten, sondern auch die Viermastbark Passat, benannt nach dem günstigen Winde, ist so alt, dass Kafka sie theoretisch gesehen haben könnte, wenn sie damals nicht in Südamerika vor Anker gelegen hätte.

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Travemünde ging aber auch selbst in die Literatur ein, weil die Familie Buddenbrook aus Thomas Manns gleichnamigem Roman (und nach dem Vorbild der realen Familie Mann) hier ihre Sommer verbrachte. So verlebt Tony Buddenbrook, auf der Flucht vor den Heiratsabsichten des Herrn Grünlich, den fiktiven Sommer 1845 in Travemünde und lernt bei gemeinsamen Strandwanderungen den Sohn ihrer Zimmerwirte näher kennen.

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 „Links befanden sich zerklüftete Abhänge aus gelbem Lehm und Geröll, gleichförmig, mit immer neu hervorspringenden Ecken, welche die Biegungen der Küste verdeckten. Hier irgendwo, weil der Strand zu steinig wurde, kletterten sie hinaus, um droben durch das Gehölz den ansteigenden Weg zum Seetempel fortzusetzen. Der Seetempel, ein runder Pavillon, war aus rohen Borkenstämmen und Brettern erbaut, deren Innenseiten mit Inschriften, Initialen; Herzen, Gedichten bedeckt waren … Tony und Morten setzten sich in eine der kleinen abgeteilten Kammern, die der See zugewandt waren und in denen es nach Holz roch wie in den Kabinen der Badeanstalt, auf die schmale roh gezimmerte Bank im Hintergrunde.
Es wurde sehr still und feierlich hier oben, um diese Nachmittagsstunde. Ein paar Vögel schwatzten, und das leise Rauschen der Bäume vermischte sich mit dem des Meeres, das sich dort tief unten ausbreitete und in dessen Ferne das Takelwerk eines Schiffes zu sehen war. Geschützt vor dem Winde, der bislang um ihre Ohren gespielt hatte, empfanden sie plötzlich eine nachdenklich stimmende Stille.“
(Thomas Mann: Die Buddenbrooks, S. 135)

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